Bereits vor der Austragung des Nachholspiels der 2. Handball-Bundesliga am Sonntag zwischen dem TuSEM Essen und dem Dessau-Roßlauer HV hatten Dessau-Roßlau und der ASV Hamm-Westfalen sich auf einen gemeinsamen Antrag im Rahmen der HBL-Mitgliederversammlung geeinigt, um eine vorübergehende Aufstockung der Liga zur neuen Spielzeit auf 19 Teams in der Spielzeit 2025/26 zu erreichen. Über die Hintergründe dazu äußerte sich ASV-Geschäftsführer Markus Fuchs nun in einem Interview.
„Durch den 30:24-Sieg des DRHV in Essen beendet Dessau-Roßlau nun doch als Zehnter die Saison, der ASV wird 17. der Tabelle. Im Rahmen des Spiels wurde nun der bereits erfolgte gemeinsame Antrag bekanntgegeben. Hat der ASV Schwierigkeiten damit, den Abstieg zu akzeptieren?“
Markus Fuchs: „Aus sportlicher Sicht überhaupt nicht. Unser Glückwunsch zum Klassenerhalt geht nach Dessau. In unserem Einwand – und das gilt ja für den DRHV im gleichen Maße – geht es um etwas anderes. Es geht darum, dass wir durch die späte Austragung des Nachholspiels vom 29. Spieltag für drei Wochen praktisch handlungsunfähig waren. Und das ist ein deutlicher Wettbewerbsnachteil in vielerlei Hinsicht. Nach dem 34. Spieltag haben wir bis Dienstagabend für die 3. Liga geplant – dann kam die für uns alle überraschende Entscheidung. Von der Sekunde an konnten wir keinen Vertrag mehr sinnvoll abschließen, uns waren die Hände gebunden.“
„Erklären Sie das bitte genauer.“
Markus Fuchs: „Zunächst einmal muss man wissen, dass wir für die Saison 2025/26 einen vollständig besetzten Kader unter Vertrag hatten. Es dreht sich hier um Profiverträge, die für die 1. und 2. Liga gelten. Soweit ein für viele Zweitligisten wohl absolut üblicher Vorgang. Im Falle des Abstiegs beginnt eine komplett neue Kaderplanung, im Falle des Klassenerhaltes hätten wir keine Planstelle frei. Mit dem Urteil war es uns unmöglich, interessierte Spieler – und davon gab es einige – für die 3. Liga unter Vertrag zu nehmen. Diese Spieler haben sich mittlerweile anders orientiert, was man nachvollziehen kann. Es geht hier um Existenzen, manchmal um Familien, immer aber ein Stück weit um Lebensplanung. Im wenn auch eher theoretischen Fall des sportlichen Klassenverbleibs durch einen Essener Sieg hätten wir dritte und vierte Spieler für die Positionen verpflichtet. Das wäre wirtschaftlich für uns natürlich nicht möglich gewesen. Und kein Spieler mit Ambitionen unterschreibt einen Vertrag mit dem Restrisiko, Anfang Juli plötzlich doch ohne dazustehen. Und dazu kommt die Problematik, dass auch kein Trainer final zusagt, wenn er gar nicht weiß, mit welchem Kader er arbeiten wird.“
„Gab oder gibt es über das Personal hinaus weitere Auswirkungen für den ASV?“
Markus Fuchs: „Auf jeden Fall. Angefangen mit den Sponsoringverträgen, auf die die Ligazugehörigkeit Auswirkungen hat. Und auch hier ist nicht die reine Tatsache das Problem, ebenso wie bei den wegfallenden Lizenzentgeldern. Vielmehr die drei Wochen, die wir jetzt für konkrete Abschlüsse verloren haben, sind für uns sehr nachteilig. Auch beim Verkauf der Dauerkarten haben wir wertvolle Zeit verloren. Darüber hinaus bedeutet die unumgängliche Verlängerung von Reservierungsfristen einen erheblichen Mehraufwand. Auch eine bereits vielversprechend gestartete Trikotaktion zur neuen Saison, in dem es ein mit 300 Namen gekennzeichnetes Spieltrikot geben sollte, mussten wir nun aufgrund der unmöglichen Einhaltung von Lieferfristen stornieren und auf das nächste Jahr verlegen. Hier entgehen uns wirtschaftliche Mittel.“
„Verstehen Sie denn das Bestreben der HBL, keinen Präzedenzfall mit einer Aufstockung durch die Mitgliederversammlung schaffen zu wollen?“
Markus Fuchs: „Die Zurückhaltung kann ich grundsätzlich nachvollziehen. Solche Entscheidungen sollten doch eigentlich sportlich fallen. Aber hier muss man schon sehr genau hinschauen. Es besteht bei den Beteiligten Konsens darüber, dass die Regularien verändert werden müssen. Die Durchführungsbestimmungen sehen ja auch explizit vor, dass alle Spiele – mit Ausnahme des letzten Spieltags natürlich – vor dem letzten Spieltag durchzuführen seien. Eben auch Nachholspiele. Dies ist jetzt nicht geschehen – und das ist doch genau der Knackpunkt in der ganzen Sache. Man stelle sich vor, es hätte Dessau getroffen. Da war man nach 34 Spieltagen zunächst auf dem zehnten Platz. Und dann soll man auf einmal drei Wochen später absteigen? Ebenso ist klar definiert, dass keine Mannschaft im Wettbewerb benachteiligt werden darf. Genau das ist aber jetzt passiert.“
„Wie geht es mit dem Antrag weiter?“
Markus Fuchs: „Zunächst einmal muss er jetzt auf die Tagesordnung kommen, wir haben es gemeinsam mit Dessau-Roßlau fristgerecht eingereicht. Wenn das passiert, wird in der Mitgliederversammlung am Donnerstag darüber abgestimmt.“
„Ist dort ein positives Votum zu erreichen?“
Markus Fuchs: „Bei den vielen positiven Resonanzen aus Handball-Deutschland, die wir in den zurückliegenden Wochen erhalten haben, hoffen wir darauf im Sinne eines fairen Wettbewerbs. Aber es ist natürlich eine hohe Hürde, die genommen werden muss.“
